Serie »trompe-l’œil« |
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Harmonie in Grau Die Ölgemälde wurden in zwei voneinander getrennten und methodisch unterschiedlichen Arbeitsschritten aufgebaut: Der erste Schritt, das Malen, ist für Otto Reitsperger ein sinnlicher Prozess. Dabei werden breite Streifen in abwechselnd warm- und kaltgrauen Farbton auf die Leinwand aufgetragen. Im noch feuchten Zustand erfolgt eine Verwischung der senkrechten Farbstreifen durch waagerechte Pinselbahnen. Durch Überlagerung der konträren Grautöne entsteht die besondere wellenartige Flächenstruktur. Dem zweiten Schritt, dem Aufbringen der Rahmenformen, liegt dagegen ein rationales Konzept zugrunde. Hierbei entwickelt Otto Reitsperger Maß und Form am Rechner. Erst in der gekonnten Zusammenführung von sinnlicher Malerei und kalkulierter Form entsteht aus Einzelteilen ein neues Ganzes. Die aktuelle Bildserie mit dem Titel »trompe-l’œil« steht insofern beispielhaft für das allgemeine künstlerische Konzept von Otto Reitsperger, das stets Sinnliches und Gedachtes miteinander verknüpft. Darüber hinaus wohnt den Arbeiten dieser Bildserie eine sensationelle zweifache Räumlichkeit inne. So hat die wellenartige Struktur der Malfläche einen besonderen optischen Reiz, der einem Moiré-Effekt ähnelt. Die über die Malerei gelegten Rahmenformen bringen jedoch eine zweite Irritationsebene ins Spiel. Die weiß oder schwarz gemalten Rahmen lassen in der Wahrnehmung bestimmte Flächen des Bildes vor- oder zurücktreten. Beiden Systemen eignet also eine jeweils andere Täuschungsmethode. So erklärt sich der Titel der Serie »trompe-l’œil« – täusche das Auge. In dieser Werkgruppe gleicht kein Bild dem anderen. Einige Ölbilder wirken in der Anschauung überraschend dynamisch, andere eher sanft und harmonisch. Doch alle 12 Arbeiten sind einzigartige Meisterwerke in Grau. Dr. Wita Noack (Mies van der Rohe Haus, Berlin) RB 2012-19, 70×70 cm |